Sonntag, 9. Oktober 2011

Lok - Fortuna 4:3 (2:1)

Aufstellung Lok: Empl - Strasser, Lechner, Reichl - Luger, Girsch, Nader, Seltenheim, Wagner - Kothmeier, Haiderer
Wechsel: Stöss für Girsch, Hinteregger für Kothmeier, Weber für Haiderer, Schöpf für Wagner, Kienböck für Luger

Tore für die Lok: 3x Kothmeier, Weber

Bei gschmeidigem Fritz Walter Wetter und gefühlten Temperaturen um den Gefrierpunkt trafen einander die Ballesterer der alten Dame Lok Traisen (Gründungsjahr 1993) und die Grünschnäbel der 2011 aus der Taufe gehobenen Fortuna St. Pölten, um sich am heiligen Rasen des altehrwürdigen Prinzenpark im fußballerischen Wettstreit zu messen. Allein, was im Vorfeld die Hoffnung auf einen gepflegten Fußball-Nachmittag zweier technisch versierter Teams genährt hatte, entpuppte sich zwischenzeitig ob mangelnder Spielkultur sowie nicht mehr ganz gesunder Härte eher als Abwandlung von Simmering gegen Kapfenberg und riss sodenn manch Beobachter zum geflügelten Wort „Das ist Brutalität“ hin.

Die Lok kam zu Beginn nur schleppend aus der Kabinenremise. Zwar spielte man phasenweise gefällig nach vorne und arbeitete sich auch die eine oder andere Chance heraus (die vernebelt wurde), andererseits haperte es unübersehbar am kollektiven Abwehrverhalten sowie der Feinabstimmung im Mannschaftsgetriebe. Symptomatisch der Gegentreffer zum 0:1: Ballverlust im Mittelfeld, überraschtes Innehalten der Mittelfeldspieler samt Schalten in den passiven Beobachtungsmodus, schlechtes Stellungsspiel der Hintermannschaft mündeten schließlich darin, dass der an sich umständlich vorgetragene Konter der Gegner ob mangelnder Gegenwehr dennoch erfolgreich zum 1:0 für Fortuna abgeschlossen werden konnte.

Erst nach einer Umstellung in der Abwehr stabilisierte sich das Spiel der Lok einigermaßen (wenn auch nie vollends überzeugend), und dann kam ER... der Moment of the Match, der Höhe(Tief?)punkt des ersten Aktes, die Schlüsselszene, die noch heute am Stammtisch diskutiert wird: Der umstrittene Elferpfiff gegen die Fortuna, die sich von allem Glück verlassen fühlte und darob beinahe Amok lief, während der äußerst gut positionierte, etwa 90 m vom Tatort entfernte rechte Außenpracker der Lok nach wie voll Überzeugung darauf beharrt „dass das ein glasklarer Elfer war.“

Manch Fortunaspieler gab nun das Rumpelstilzchen, bildete Schaum vorm Mund, fingierte hysterische Ohnmachtsanfälle ob der aus seiner Sicht völlig absurden Entscheidung – allein, es half alles nichts. Der Schiedsrichter zeigte unbeeindruckt auf den Elferpunkt und traf damit ganz den Geschmack von „el depiadado“ Gerhard Kothmeier, „des Erbarmungslosen“. Dem bereitete es nämlich sichtlich Spaß, nachdem er sich die Frucht zärtlich am Elferpunkt zurechtgelegt hatte, den gegnerischen Goalie zu verladen und in die linke Ecke zu schicken, während er seelenruhig und punktgenau die Kugel in die rechte einschob.

Danach brannte der Prinzenpark lichterloh… und bei einigen Spielern der Fortuna endgültig die Sicherungen durch. Dem Schiedsrichter wurden nicht nur Nettigkeiten an den Kopf geworfen, die Lok-Spieler zum Abschuss freigegeben. Doch das Dauerbashing und Gesuder gegenüber dem Schiedsrichter zeigte ebenso wenig Wirkung wie einige dunkelrote Fouls der Marke unterste Schublade, weil sie offensichtlich mit Absicht begangen wurden. Warum zückte der Schüri (ugs.) keine Karte? Es lag jedenfalls nicht daran, soviel hat die Recherche ergeben, dass er diese etwa zuhause vergessen hätte (selbige hatte nämlich Lokführer Peter Girsch mitgenommen), er musste auch nicht zum Telefon, wie manche Fans aufforderten, sondern wahrscheinlicher ist, dass er sich schlichtweg genierte, die von Peter Girsch zur Verfügung gestellten „Kartons“ zu zücken. Die hatte der Lok-Führer nämlich in Anlehnung an die legendäre Fernsehsendung „Wer bastelt mit“ (Bildungsfernsehen, das nur mehr den Lokspielern der Jahrgänge 1961-1984 angedieh, was man auch merkt!) eigenhändig aus einem gelben Wettex (!) und einem Karton gefertigt. Vielleicht wollte der Referee mit seiner Zurückhaltung der handgeschnitzten Teile eine völlige Eskalation der Situation vermeiden.

Auch Kothmeiers pädagogischer Kniff, die Gäste mit seinem Tor zum 2:1 auf den Rasen zurückzubringen, half nicht wirklich, und so bedurfte es des Pausenpfiffes, damit endlich für ein paar Minuten Ruhe in die Hütte einkehrte, wenn schon das nasskalte Wetter nicht die erhitzten Gemüter abzukühlen vermochte. Kurz vorher durfte sich noch Silberrücken Olli de Kahn mit einer Parade auszeichnen und seiner Mannschaft die letztlich verdiente Pausenführung sichern.

Nach Wiederbeginn plätscherte die Partie unspektakulär dahin, was auch mit ersten Erfrierungs- und damit einhergehenden Lähmungserscheinungen bei manch Spieler zu tun haben mochte. Die Lok hatte die Fortuna jedenfalls im Griff und konnte schließlich auf 3:1 stellen: Torschütze… eh scho wissen. Ein bisschen hatte es den Anschein, als wollte sich Kothmeier mit seinem nicht lupenreinen Hattrick einen kleinen Polster schaffen, damit die Jungstürmer während seiner Abwesenheit in den nächsten Spielen (alles Gute Kothi!!!) nicht auf dumme Gedanken kommen oder gar Torschützenkönig-Fantasien entwickeln. Was an sich ein absurder Gedanke ist, weil Kothmeier auch eine halbe Saison ausreicht, um diesen Titel einzuheimsen.

Die Fortuna schien angesichts des 2-Tore-Rückstandes nunmehr konsterniert, ihr Schwung und ihr Glaube an die Wende ließen sichtlich nach, umgekehrt kam die Lok dadurch vermeintlich auf – konnte eine subkutane Unsicherheit aber dennoch nie gänzlich ablegen. Taktisch bekleckerte man sich – schlag nach bei Didi „Jo des is jetzt amal a so“ Constantini – nicht gerade mit Ruhm, denn anstatt das Ergebnis ruhig zu verwalten, aus einer kontrollierten Defensive zu agieren und die Kugel in den eigenen Reihen zirkulieren zu lassen, suchte man das Heil in einer unkontrollierten Offensive und öffnete so unnötig Raum für den angezählten Gegner. Die Strafe folgte im wahrsten Sinne des Wortes per Fuß – wie aus dem nichts gelang der Fortuna der schöne Anschlusstreffer, die Equipe formerly known as Maquie war wieder back in the game.

Die Verunsicherung der Lok trat nun vollends zutage, und so mutierte das Spiel zum offenen, nun auch wieder aufgeheizteren Schlagabtausch (wobei Schlag sprichwörtlich zu verstehen ist, man möge etwa Peter Girsch Knöchel und Waden dazu befragen).

Bevor die Partie aber für die Lok völlig aus dem Gleis lief, fasste sich schließlich Michi „The Snowman“ Weber ein Herz. Kurz nach der Mittellinie schnappte er sich das Leder, umkurvte in eleganter Slalomtechnik die gesamte Hintermannschaft der Fortuna, ließ sich auch von querenden eigenen Mitspielern nicht irritieren, und schloss das herzerwärmende Solo mit einem gefühlvollen Schlenzer à la bonne heure ab, auf dass Mitspieler wie Fans nur so mit der Zunge schnalzten.

Damit war die Sache gegessen? Der Sack zu? Die Schäfchen ins Trockene gebracht? Mitnichten! Die Fortuna – Kompliment – ließ nicht locker und entblößte noch einmal schonungslos die Schwachstelle der Lok in den bisherigen Partien: ihr Abwehrverhalten. Zu weit weg vom Gegner, zu wenig energisches Attackieren, zu wenig Kompaktheit der Spielblöcke. Ergebnis – Anschlusstreffer zum 4:3 und die symbolische Verteilung von Schlafmützen an die Lok-Spieler, die einmal mehr geschlafen hatten.

Damit ließ es der liebe (Fußball)Gott dann aber doch gut sein, stellte die kalte Dusche vom Himmel ab und erlöste in Person des Schluss pfeifenden Schiri die Fortuna, die Lok, den Referee und sich selbst von einem Match, das (abgesehen von der Elferdebatte) nicht in die Annalen der Hobbyliga-Geschichte eingehen wird.

Die Lok hat damit auf ihrem Titelverteidigungskurs die Pflicht erfüllt. Möchte man aber auch bei der Kür glänzen, wird es noch einiger Schippen Kohle mehr bedürfen und besser aufeinander abgestimmter Heizer, damit ein kräftiger Schub das Vehikel am Erfolgsgleis hält. Die nächsten beiden Partien werden zeigen, wohin die Reise in der Tabelle heuer geht!